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Dr. Chaim Weizmann (1874-1952)

Wissenschaftler, Praesident der Zionistischen Weltorganisation und erster Praesident des Staates Israel

Dr. Chaim 

Weizmann (1874-1952)

"Wenn wir ueber jemanden in irgendeiner Hinsicht sagen koennen, er war Urheber einer Revolution, die das Leben der Menschen tief und nachhaltig veraenderte, dann ueber Chaim Weizmann."
(Isaiah Berlin)

Chaim Weizmann wurde am 27. November 1874 im Dorf Motol, nahe Pinsk, am Rande des russischen Ansiedlungsrayons, als drittes von fuenfzehn Kindern eines Holzhaendlers geboren. Er besuchte den traditionellen Cheder und trat danach im Alter von elf Jahren in das Pinsker Gymnasium ein. Pinsk formte Weizmanns Leben als Zionist und als Chemiker. Als er sieben Jahre spaeter maturierte war er ein vielversprechendes "chemisches Talent" und ein eifriger zionistischer Fundraiser. "Unsere zionistischen finanziellen Ressourcen waren laecherlich gering. Wir zaehlten die Kopeken. ... Ich beteiligte mich aktiv an den Geldsammlungen, ..., stundenlang war ich in den schmutzigen Strassen von Pinsk unterwegs, von einem Ende der Stadt zum anderen. ... Ich arbeitete bis spaet in die Nacht und hatte meistens die immense Genugtuung, dass ich mehr Geld gebracht hatte als alle anderen."

1892 Weizmann ging nach Deutschland, wo er am Polytechnischen Institut in Darmstadt Chemie studierte. Ab 1894 setzte er seine Studien in Berlin fort. Als er 1897 Berlin verliess, um nach Freiburg in der Schweiz zu gehen, hatte er die Vorarbeiten fuer seine Dissertation beendet. Sein Glaube an die Ideen des Zionismus war gestaerkt, und er hatte Verstaendnis fuer politische Strategien erworben. 1899 promovierte er an der Universitaet Freiburg summa cum laude. 1901 wurde Weizmann Professor an der Universitaet Genf und 1904 an der Universitaet Manchester. Ab nun war er mit dem Dilemma seines Lebens konfrontiert: Chemie oder Zionismus.

Weizmann begeisterte sich fuer Theodor Herzls Aufruf, die Juden sollten im August 1897 nach Basel kommen, um am Ersten Zionistischen Kongress teilzunehmen. Weizmann versaeumte zwar den ersten Kongress, aber ab dem zweiten Zionistischen Kongress war er bereits eine bekannte Persoenlichkeit in der Zionistischen Bewegung. 1901 half er bei der Gruendung der Demokratischen Fraktion in der Zionistischen Organisation. Am sechsten Kongress, 1903 in Basel, stimmte er gegen den Ugandaplan, und der achte Kongress, 1907, uebernahm seine Position des Synthetischen Zionismus: politische Aktivitaet in Verbindung mit praktischer Arbeit in Palaestina.

Weizmanns grosse Momente kamen waehrend des Ersten Weltkrieges. Als Chemiker unterstuetzte er die britische Kriegsfuehrung und entwickelte eine neue Methode zur kuenstlichen Azetonherstellung. Als gluehender Zionist war er an der diplomatischen Front aktiv und versuchte, den britischen Politikern und Journalisten, die Sache des juedischen Staates naeher zu bringen. Weizmanns Bemuehungen gipfelten in der Balfour Erklaerung vom 2. November 1917.

1918 ging er als Vorsitzender der Zionistischen Kommission nach Palaestina, um die dortigen Bedingungen zu studieren und der britischen Regierung Vorschlaege zu unterbreiten. General Allenby schlug vor, Emir Feisal, den Fuehrer der arabischen Nationalisten, zu treffen. Weizmann reiste nach Ma'an, noerdlich von Akaba. Erstmals schien eine juedisch-arabische Zusammenarbeit in der Entwicklung Palaestinas moeglich zu sein. Ein weiterer Hoehepunkt dieser Reise war die Teilnahme an der Legung der zwoelf Grundsteine - die zwoelf Staemme Israels symbolisierend - fuer die Hebraeische Universitaet in Jerusalem, die 1925 eroeffnet wurde. Als er im Oktober 1918 nach Londom zurueckkehrte, wurde er von tausenden Juden empfangen, die ihn als Sprecher der juedischen Nation feierten. 1919 fuehrte er die zionistische Delegation in die Pariser Friedenskonferenz, und forcierte beim Voelkerbund das britische Mandat ueber Palaestina.

Weizmann in seinem 

Laboratorium in Rechovot

Weizmann hatte als Staatsmann gehandelt, waehrend oeffentlicher Auftritte, privater Treffen und in seiner Korrespondenz, auch wenn er - wie er sagte - keine Armee und keine Marine als Rueckendeckung hatte.

Auf der Londoner Zionistischen Konferenz, 1920, wurde er zum Praesidenten der Zionistischen Weltorganisation gewaehlt. Er behielt dieses Amt bis 1931 und von 1935 bis 1946.

1922 akzeptierte Weizmann widerwillig das Churchill Weissbuch. Nach dem Passfield Weissbuch von 1930, trat er zornig von seinem Amt zurueck und wurde erst wieder Praesident der WZO, nachdem der britische Premierminster MacDonald in einem Brief die britischen Verpflichtungen zur Errichtung einer nationalen juedischen Heimstaette erneuert hatte.

1931 wurde Weizmann als Praesident der WZO nicht bestaetigt. In den folgenden vier Jahren widmete er sich wieder seiner wissenschaftlichen Taetigkeit ("Ich war - mit Ausnahme eines zufaelligen Besuches - fast dreizehn Jahre lang in keinem Laboratorium mehr gewesen"), setzte aber daneben seine zionistischen Bemuehungen fort. Er unternahm Reisen in die Vereinigten Staaten und nach Suedafrika, um Geld zu sammeln und arbeitete fuer die Rettung juedischer Fluechtlinge aus Deutschland. Im April 1933 berief er eine ausserordentlichen Sitzung des Vorstandes der Hebraeischen Universitaet ein, um Lehr- und Forschungsmoeglichkeiten fuer juedische Wissenschaftler zu pruefen. Das von Weizmanns Freunden 1934 gegruendete Sieff Institut in Rechovot bot den aus Nazi-Deutschland vertriebenen Wissenschaftlern Unterschlupf.

"Ich habe diese letzten zwei Jahre fast ausschliesslich dem Institut und der deutschen Siedlungsarbeit dort gewidmet", schrieb Weizmann in einem Brief nach New York. Waehrend er in Rechovot lebte und arbeitete, nahm er dennoch einmal in der Woche an Sitzungen der Jewish Agency in Jerusalem teil. Der Praesident dieser Sitzungen war der Fuehrer der Arbeiterbewegung des Jischuw: David Ben Gurion.

1935 kehrte Weizmann zu seiner Praesidentschaft in der WZO zurueck; 1936 vertrat er die zionistische Angelegenheit vor der Peel - Kommission; 1939 wandte er sich erbost gegen das MacDonald Weissbuch, das trotz seiner Appelle im Mai veroeffentlicht worden war. ("Damit wurde die Balfour Deklaration fuer null und nichtig erklaert.")

Der im spaeten August 1939 in Genf zusammengekommene 21. Zionistische Kongress fand im Schatten des Weissbuches statt, das die Hoffnungen auf eine nationale juedische Heimstaette zerstoert hatte. Weizmanns Schlussadresse, nachdem der Kongress die Neuigkeit des Hitler-Stalin-Paktes vernommen hatte, war prophetisch: "Um uns wird es dunkel ... wenn wir, wie ich hoffe, verschont bleiben, und unsere Arbeit fortgesetzt werden kann, wer weiss, vielleicht wird dann aus der Dunkelheit ein neues Licht auf uns scheinen. ... Die Uebriggebliebenen werden weiterarbeiten, weiterkaempfen, weiterleben bis zur Morgendaemmerung eines besseren Tages. Im Blick auf diese Morgendaemmerung gruesse ich Euch. Moegen wir einander in Frieden wieder treffen."

Im Zweiten Weltkrieges draengte Weizmann die britische Regierung, die Bildung einer juedische Truppe zu gestatten. In den USA half er bei der Vorbereitung der Herstellung von synthetischem Kautschuk. Als in Grossbritannien nach dem Krieg die Arbeiterpartei die Macht uebernahm und ihre vor dem Krieg abgegebenen Versprechen, eine prozionistische Politik zu fuehren, nicht hielt, endete Weizmanns Position als Praesident der WZO. Der 22. Kongress, 1946, waehlte ihn nicht mehr.

Obwohl Weizmann keine offizielle Position in der Zionistischen Bewegung mehr innehatte, blieb er doch weiterhin der wichtigste Sprecher fuer die juedische nationale Sache. Am 1. Oktober 1947 sprach er vor dem Komitee fuer Palaestina der Vereinten Nationen: "...eine Welt, die uns in diesem Moment unserer Agonie nicht hoert, ist taub fuer die Stimme der Gerechtigkeit und Menschlichkeit, die laut und klar erhoben werden muss, wenn die moralischen Grundlagen unserer Gesellschaft ueberleben sollen."

In den folgenden Monaten wurde er zum Architekten zweier Erfolge: die Einbeziehung der Negev in den Teilungsplan der Vereinten Nationen und die Anerkennung Israels durch die USA. Als er sich im Maerz 1948 mit dem amerikanischen Praesidenten Harry Truman traf, betonte Weizmann die Wichtigkeit der Errichtung des juedischen Staates. Weizmanns Bemuehungen fuehrten zweifellos zu einer raschen Anerkennung des Staates Israel durch die USA.

Knessetpraesident Josef Sprinzak 

verkuendet Weizmanns Wahl zum ersten Praesidenten des Staates Israel

Am 17. Mai 1948 wurde Weizmann zum Praesidenten des Provisorischen Staatsrates ernannt. Er erhielt in New York ein von Ben Gurion, Golda Meir, David Remez und Eliezer Kaplan unterzeichnetes Telegramm: "Anlaesslich der Proklamation des Juedischen Staates senden wir Dir unsere Gruesse. Du hast mehr als jeder andere fuer ihn getan. Deine Standhaftigkeit und Deine Unterstuetzung haben uns alle gestaerkt. Wir blicken mit Freude dem Tag entgegen, an dem wir Dich als das Oberhaupt eines in Frieden gegruendeten Staates begruessen werden."

Am 16. Februar 1949 waehlte die Konstituierende Versammlung Chaim Weizmann zum ersten Praesidenten des Staates Israel. Sein Gegenkandidat war Prof. Joseph Klausner. 114 Knessetmitglieder nahmen an der Abstimmung teil, 83 stimmten fuer Weizmann, der noch am selben Tag vereidigt wurde.

Weizmann hatte die Liebe, die Zuneigung und den Respekt seines Volkes und der Repraesentanten der internationalen Gemeinschaft.

Im November 1951 wurde Weizmann trotz seiner schweren Krankheit fuer eine zweite Amtperiode wiedergewaehlt und am 25. November in seinem Heim in Rechovot vereidigt. Dr. Chaim Weizmann starb am 9. November 1952 und wurde im Garten seines Hauses, das heute ein Teil des Weizmann Institutes ist, beerdigt.

Weizmann hinterliess seine Frau Vera und seinen aelteren Sohn Benjamin. Der juengere Sohn Michael war im Zweiten Weltkrieg gefallen.

1933 zollte Lloyd George Weizmann einen bemerkenswerten Tribut:

"Ach, ja, ich habe in meinem Leben eine Menge interessanter Leute getroffen, aber ich kenne niemanden, den ich mehr respektiere als Weizmann. Er ist der groesste Mann, den die Juden in den letzten tausend Jahren hervorgebracht haben. Er ist jetzt weltberuehmt, und in tausend Jahren von heute an, wird sich jeder Jude an ihn erinnern. Und er wird der einzige jetzt lebende Jude sein, an dessen Namen man sich dann erinnern wird."

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Bearbeitung: Dr. Chani Hinker
Updated: 13/12/00



http://www.hagalil.com/israel/geschichte/politiker.htm

Dr. Chaim Weizmann


Weizmann, Chaim, (1874-1952), zionistischer und israelischer Politiker; geb. in Weißrußland,
seit 1903 als Chemiker in England (University of Manchester 1904), erwirkte die
Balfour-Deklaration 1917.

1918 leitete er die zionistische Palästina-Kommision. 1929 spielte er eine Schlüsselrolle in der
Einrichtung der Jewish Agency for Palestine. 1920-30 und 1935-46 Präsident der
Zionistischen Weltorganisation.

Seine Kompromissbereitschaft gegenüber Britannien brachte ihn nach dem II. Weltkrieg in Opposition zu
Ben-Gurion.

Seine Wiederwahl zur Präsidentschaft der WZO (World Zionist Organization) scheiterte 1946.
1948-49 Präsident des provisorischen Staatsrats, seit Februar 1949, bis zu seinem Tode 1952
erster Staatspräsident Israels.


Weizmann gehört zu den Gründern der Hebräischen Universität Jerusalem (1918) und des Sieff Research
Instituts in Rehovoth (1934), welches sich zum Weizmann Institute of Science entwickelte.
Seine Autobiographie 'Trial and Error' erschien 1949 (repr. 1977).